Nach dem Zweiten Weltkrieg



Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die deutsche Industrie, die den Faschismus von Anfang an massiv finanziell und politisch unterstützt hatte, die ein bedeutender Teil des Systems war, mit einem stärkeren industriellen Potential da, als bei Kriegsbeginn.

"Der angehäufte Reichtum an industriellem Sachvermögen, das Krieg und Bombardements überstanden hatte und nun als unschätzbares Fundament des wirtschaftlichen Aufstiegs der Bundesrepublik diente, war teuer bezahlt worden, bezahlt von den eigentlichen Verlierern des Krieges." ( Eichholz, S.678+679)
Millionen von KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen, ZwangsarbeiterInnen und die Bevölkerung besetzter Gebiete hatten den Großteil dieser Werte geschaffen, bezahlt mit Rechtlosigkeit, grausamem Leiden, Hunger und Tod.

Einige der Manager und Kapitaleigner der großen Rüstungskonzerne in Deutschland wurden im Zuge der sogenannten Entnazifizierung als ähnlich schuldig eingestuft wie hochrangige Wehrmachtsfunktionäre. So wurde Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der Junior-Chef des Krupp-Konzerns und NS-Wirtschaftsführer 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zu 12 Jahren Haft verurteilt. Er führte seine Geschäfte von dort aus weiter und wurde schon nach drei Jahren im Zuge der Wiederaufrüstungspolitik aus der Haft entlassen. (Zur Erinnerung: Der Krupp-Konzern hatte schon am Ersten Weltkrieg schätzungsweise 400 Millionen Mark verdient, betrieb schon viele Jahre vor dem II. Weltkrieg illegale Rüstungsproduktion, unterstützte finanziell den Aufstieg Hitlers und beutete ZwangsarbeiterInnen, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene in seinen Werken aus. In Konzentrationslagern ließ der Krupp-Konzern Häftlinge zu Tode arbeiten und hungern)
Vgl. "Der Kampf für Frieden und Abrüstung seit 1900", Deutsche Friedens-Union

Nach dem II. Weltkrieg wurden auch z.T. die Produktionsanlagen der deutschen Rüstungsfirmen zerstört oder abgebaut.
Tatsache ist, daß die meisten Profiteure und Verantwortlichen von damals - sowohl Einzelpersonen, als auch Konzerne - niemals zur Rechenschaft gezogen worden sind und dazu beigetragen haben, im Zuge des "Kalten Krieges" gegen den Kommunismus ein neues militaristisches, kapitalistisches Deutschland aufzubauen. Noch heute zählen ihre Konzerne oder deren Nachfolgegesellschaften zu den ganz Großen der Rüstungsbranche, wie z.B. ThyssenKrupp, die Mauserwerke, Blohm & Voss, Siemens, Daimler-Benz, Rheinmetall, Dynamit Nobel, HDW und viele andere.

Tatsache ist auch, daß die ZwangsarbeiterInnen oder die Angehörigen der Ermordeten, die während des Nationalsozialismus für Deutschland ausgebeutet und ermordet wurden, bis heute noch keine auch nur irgendwie akzeptable "Entschädigung" oder "Anerkennung" bekommen haben.


Demontage

Der zunächst von den USA für Deutschland vorgesehene "Morgenthauplan", der im Kern vorsah, Deutschland wieder zu einem Agrarland zu machen (Entmilitarisierung, Internationalisierung des Ruhrgebietes, des Rheinlandes, Westfalens und der Nordseeküste, Demontage aller Industriebetriebe für Reparationen, Stillegung der Gruben, Abtrennung von Ostpreußen, Oberschlesien und dem Saargebiet - das Restdeutschland sollte in einen Nord- und Südstaat aufgeteilt werden), wurde nicht verwirklicht.
Die Alliierten führten in der ersten Zeit nach dem Krieg Demontagen für Reparationszwecke durch und zerstörten militärische Anlagen. Deutschland sollte in absehbarer Zeit nicht mehr in der Lage sein, Krieg zu führen. Es gab Produktionsverbote für bestimmte Industrien, die für Rüstungszwecke genutzt werden könnten. Rüstungsproduktion war bis 1951 vollständig verboten. Danach unterlag sie zunächst noch der alliierten Überwachung.
Spätestens seit 1950 war klar, daß die Bundesrepublik Deutschland wieder aufrüsten würde. Die deutsche Industrie und ein starkes kapitalistisches Deutschland an einer strategisch wichtigen Stelle wurden als "Bollwerk gegen den Kommunismus" gebraucht. Der Beginn des "Kalten Krieges" führte zur Beendigung der Demontagen, zur endgültigen Abkehr von der "Entnazifizierung" und zur Wiederaufbauhilfe und dem Marshall-Plan.
Die kurze Zeit des völligen Verbotes der Rüstungsproduktion hatten einige der alten Rüstungsbetriebe mit der Herstellung ziviler Güter überbrückt, andere hatten in dieser Zeit im Ausland weiter gearbeitet.
Nicht zuletzt hatte die Demontage für Betriebe einen modernisierenden Effekt: Sie konnten und mußten nun neue Maschinen anschaffen. Das führte dazu, daß die deutsche Industrie im weltweiten Vergleich schnell wieder technologisch zu den modernsten zählte.
Die großen deutschen Rüstungskonzerne konnten bald wieder Kriegsgerät produzieren: Krauss-Maffei (Flickkonzern), Thyssen, Krupp-MaK, Wegmann & Co, AEG, Siemens, u.a. .
Im Jahre 1954 wurden erstmals wieder Kriegsschiffe nach Ecuador und Indonesien geliefert.
1955 übergaben die Alliierten ihr Rüstungs-Kontrollrecht an die Bundesregierung, die nunmehr nur noch an die WEU-Verträge bezüglich des Verbotes bestimmter Waffensysteme gebunden war (atomare, biologische, chemische, weitreichende Raketen und große Kriegsschiffe). Die letzten Beschränkungen im Kriegsschiffbau wurden 1981 gänzlich aufgehoben.


Auch die für Kiel zuständige britische Militärregierung sah zunächst in der Verhinderung des Wiedererstarkens der deutschen Marine ein Hauptziel ihrer Tätigkeit in Schleswig-Holstein.
Die Militärregierung sperrte zunächst das Ostufer und andere militärische Gelände und Werke. Viele Rüstungsbetriebe sollten demontiert werden. Auf dem Ostufer wurden folgende, potentiell für Rüstungsproduktion taugliche, Industriebereiche nicht zugelassen: Stahlbaukonstruktionen, Kraftmaschinen und Kessel, Eisenbahnlokomotiven und Eisenbahn- und Straßenbahnwagen.
Die Demontagen von Rüstungsfirmen begannen.
Im Oktober 1947 gab der Gouverneur die Gesamtliste der für Reparationszwecke abzubauenden Betriebe der Bi-Zone heraus. Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Schiffbaus in Kiel war zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen. Auf dieser Liste befanden sich folgende Kieler Betriebe, von denen einige bereits demontiert worden waren: die Anschütz GmbH Neumühlen, die Electroacustic AG , die Maschinenfabrik Emil Schulz, die HolMAG in Kiel-Friedrichsort, das Kriegsmarinearsenal und die Land- und See-Leichtbau GmbH Hassee Werk I + II.
Am 5. November 1948 wurde der "Zerstörungsplan der Militärregierung für die Liquidierung des Ostufers" bekanntgegeben, mit dem die Ostuferindustrie außerstande gesetzt werden sollte, Kriegsgüter zu produzieren. (Grieser 1991a: 426)
Von Februar 1949 bis Mai 1950 wurden weitere Gebäude auf dem Werftengelände, Hallen, Hellinge, Gleisanlagen und Kaianlagen der ehemaligen Rüstungswerften zerstört, allerdings nicht in dem Ausmaß, wie zunächst angekündigt. Im Zuge der britischen Entmilitarisierungsarbeiten wurden 2.800 m der Kaimauer durch Sprengungen vernichtet. Die noch vorhandenen Docks wurden unbrauchbar gemacht: Sie wurden mit Betonblöcken aufgefüllt und anschließend mit Sand zugeschwemmt (Jensen 1978: 122).

Daß die Demontage nie in dem von den Briten ehemals geplanten Ausmaß durchgeführt wurde, lag am beginnenden "Kalten Krieg" - es gab jetzt einen neuen gemeinsamen Feind: Die Sowjetunion und den Kommunismus. Kurze Zeit später war es dann auch im Interesse der Siegermächte, in Deutschland wieder Militär und Rüstungsproduktion zuzulassen.
Der Abschluß der Demontage in Kiel war im Mai 1950.
Im September 1950 wurde das Ostufer wieder freigegeben.
Und 1956 wurde dann die Marine wieder in Kiel stationiert.

Was passierte mit den Kieler Rüstungsbetrieben?

Nur die größeren Firmen waren von der Demontage betroffen. Was für eine Überprüfung bei den restlichen Firmen gemacht wurde und ob es daraus Konsequenzen gab, können wir leider nicht sagen, denn dazu haben wir nirgendwo Hinweise gefunden.

Die Demontage der Germaniawerft erfolgte schon ziemlich bald.

Im Dezember 1946 gab es den Befehl zur Demontage der Firma Anschütz & Co GmbH. Anschütz durfte noch bis Ende März 1947 Reparaturen an Kreiselkompassen durchführen, danach wurde demontiert. Die Tochtergesellschaft in Eutin wurde zum 30.11.46 geschlossen. Ab Anfang 1952 produzieren die Anschützwerke wieder Kreiselkompasse in einem Gebäude der Zeiss-Ikon in der Wik mit deren Unterstützung.
Im August 1946 wurde der Erhalt der Howaldtswerke, als einzig verbleibender Großwerft, beschlossen. Zunächst wurden dort britische Boote repariert, ein Ausbau zur Reparaturwerft aufgrund der Nähe zum Nord-Ostsee-Kanal wurde erwogen. Außerdem waren die Howaldtswerke im Fischdampferrückbau tätig. 1961 lief dort das erste Nachkriegs U-Boot vom Stapel.

Teile des ELAC-Werkes sollten entfernt werden, schließlich zog die Universität in einige Fabrikgebäude der ELAC (Electroacustik ) am Westring. Die ELAC produziert noch heute an diesem Standort.
Die Firma Emil Schulz (im Krieg Flugzeugteile, vorher Kompressoren) wurde im April 1947 demontiert.
Das Kriegsmarinearsenal wurde aufgelöst.
Die Kolbewerft (ein Teil des früheren Kriegsmarinearsenals) wurde demontiert, auf dem Gelände entstand der Seefischmarkt.
Die Land- und See-Leichtbau GmbH Hassee Werk I und II (Sachsenbergkonzern), gegründet 1934, die seit 1936 Rüstungsproduktion (Flugzeugteile) betrieb wurde ebenfalls 1947 demontiert.
Ein Teil der Deutschen Werke Kiel, Werk Friedrichsort/HOLMAG, die Triebwagenbau AG, wurde 1945 ausgegliedert und in Holsteinische Maschinenbau AG - HOLMAG (Schienenfahrzeuge) umbenannt. Gegen die geplante Demontage der HOLMAG gab es im September 1947 heftigen Widerstand der Beschäftigten: Sie blockierten die Demontagetrupps - in der Folge wurde der Betrieb von britischen Soldaten und deutschen Polizisten besetzt. Außerdem gab es bei der HOLMAG einen vierwöchigen Streik mitsamt Solidaritätsstreiks in anderen Kieler Betrieben. Entgegen der vorherigen Pläne, den Betrieb komplett zu demontieren, gab es 1948 den Beschluß, daß nunmehr nach der vollständigen Liquidierung des Kriegspotentials und der Demontage von Einrichtungen für Reparationszwecke, die HOLMAG weiter bestehen dürfe. 1948 wurde die HOLMAG in MaK Maschinenbau Kiel umgewandelt (Anteilseigner waren das Land Schleswig-Holstein und die Stadt Kiel). Bei MaK wurden bald in der Nachkriegszeit wieder Torpedos hergestellt. Offiziell begann 1964 mit der Zugehörigkeit zum Krupp-Konzern erneut die Rüstungsproduktion.

Den Deutschen Werken Kiel in Gaarden wurde zunächst jede wirtschaftliche Betätigung verboten. Ende 1950 kam die Erlaubnis schifffahrtsfremde Produkte herzustellen, 1951 wurden die Werke freigegeben und wiederaufgebaut, es entstand eine "moderne Werft" mit ca. 1000 Arbeitsplätzen, 1953 gab es die Erlaubnis zum Kleinschiffbau, 1955 schlossen sich die Deutschen Werke mit den Howaldtswerken zu HDW zusammen.

Die Poppe AG besteht in der Nachkriegszeit weiter und baut, wie vorher auch schon Kompressoren für Schiffe. Heute heißt die Firma Sauer & Sohn Maschinenbau und produziert Kompressoren u.a. für die U-Boote von HDW.

Die Walther-Werke stellten in der Nachkriegszeit angeblich nur zivile Güter her. Sie fertigten aber zumindest Konstruktionen (für den Leopard und Torpedos) für MaK und arbeiteten auch mit Hagenuk zusammen.

Hagenuk: Hagenuk produzierte nach 1945 bald wieder Seeminen.

Die Carlshütte in Rendsburg, die nicht direkt Kriegsgüter produziert hatte, aber sehr viele ZwangsarbeiterInnen beschäftigt hatte, konnte mit 2-tägiger Pause in den letzten Kriegstagen weiter produzieren!

Stimmen zur Demontage

In den Nachkriegsjahren gab es starke Proteste seitens der ArbeiterInnen, der Landes- und der Stadtregierung gegen die Demontage. Viele Betriebe hatten schon auf "Friedensproduktion" umgestellt und die dort Beschäftigten wollten nicht akzeptieren, daß ihre Arbeitsplätze jetzt verschwinden sollten. Die Situation eines großen Teils der Bevölkerung im Nachkriegs-Kiel war hart: ein Großteil der Wohnungen und Häuser war zerbombt und es gab wenig Nahrungsmittel.
Die Ressourcen der großen Rüstungsbetriebe waren tatsächlich ebenfalls gut geeignet für Friedensproduktion, wie z.B. im Fall der damaligen HOLMAG (im Bereich Maschinenbau) oder bei den großen Werften. Und auch die Zulieferindustrie konnte behaupten, dass ihre Produkte im zivilen Schiffbau nötig seien.
Die Demontage war logische Konsequenz des Krieges, den Deutschland verursacht hatte. Vielfach wurde gesagt, die Demontagepolitik hätte den Aufbau einer "Friedensproduktion" verhindert – unserer Ansicht nach ist es das kapitalistische Wirtschaftssystem, das immer wieder für Nachfrage an Rüstungsgütern sorgt und somit Ursache der Rüstungsindustrie ist.
Bis heute wurden auch immer wieder abenteuerliche Rechnungen aufgestellt, wie viele Arbeitsplätze durch die Demontage verloren gegangen seien. Nicht erwähnt wird die Herkunft der Vergleichszahlen, auf die sich diese Rechnungen beziehen, die unseres Erachtens nur aus der Zeit des bereits begonnenen Aufschwungs durch die Aufrüstung nach 1933 stammen können. Und nicht erwähnt wird in diesem Zusammenhang auch die Nachkriegssituation mit zerbombten Produktionsstätten und geringer Nachfrage.

Zur Verdeutlichung der Stimmung während der Demontagediskussionen 1947 dokumentieren wir drei Zitate.
Zum einen Worte einer Rede von Oberst Helby, dem ersten britischen Wirtschaftsoffizier der Provinz Schleswig-Holstein vor Wirtschaftsvertretern am 18.6.46:
" ... Man werde in Deutschland eine Wirtschaftspolitik führen, die Deutschland außerstande setze, einen Krieg zu führen, selbst wenn es das wünsche. ...". Und es sei die Absicht der Unterzeichnenden des Potsdamer Abkommens, Kiel nie wieder zu einer Kriegsmarine-Basis werden zu lassen." (Zitiert nach Grieser, S.80)

Nun Otto Preßler, der Bevollmächtigten des Metallarbeiterverbandes und KPD-Mitglied:
"Wir sehen, daß ausländische, kapitalistische Mächte uns zu einem Kolonialvolk im Stile von 1885 machen wollen. Wir sollen Rohstoffe exportieren und Fertigwaren einführen .... Wir wehren uns gegen Demontagen, die aus kapitalistischen Konkurrenzgründen entspringen. Wir wollen unsere Wirtschaft umgestalten nach sozialistischen Gesichtspunkten. Das ist die beste Sicherung gegen jede Kriegsgefahr."
(NE, Nr.75, 20.9.47, zitiert nach Grieser)

Zuletzt die Antwort von Oberbürgermeister Andreas Gayk während der Woche "Kiel im Aufbau" im September 1947 auf die Fragen "Wie sollen wir dem Kontrollrat beibringen, daß man durch sinnlose Demontage keine Wirtschaft in Gang bringen kann? .... Und woher sollen die Bewohner dieser Viertel-Millionen-Stadt das Vertrauen nehmen, die Sieger des zweiten Weltkrieges wollten eine Welt des Friedens errichten, wenn man sie bewußt daran hindert, in ihrer Stadt eine echte Friedensindustrie aufzubauen?" Gayk erwiderte:
"Eines Tages, wenn die katastrophalen Folgen dieser Politik eintreten, dann werden die Menschen anklagend sagen: Man kann Menschen ins Ghetto sperren, man kann sie vergasen, man kann ihnen aber auch ihre Arbeitsmöglichkeit nehmen, im Effekt kommt alles aufs selbe hinaus" Darauf folgte Beifall. (laut VZ Nr.76 vom 24.9.47, zitiert nach Grieser)

Personelle und wirtschaftliche Kontinuität der Rüstungsbetriebe

In der Rüstungsbranche verhielt es sich wie in allen Bereichen: Die sog. Entnazifizierung war eine Farce. Verurteilt wurden nur sehr wenige der FunktionsträgerInnen und der Profiteure des Faschismus. Und wenn es geschah, dann waren sie meist nach kurzer Zeit wieder frei oder konnten, wie Krupp, vom Gefängnis aus ihre Geschäfte tätigen. Die Alliierten formulierten das Ziel die deutschen Monopole zu entflechten oder gar zu zerschlagen. Auch dies geschah nicht in dem angekündigten Ausmaß. Die alten Eliten wurden gebraucht beim Wiederaufbau im Zeichen des Kalten Krieges.

Hier nur ein paar Beispiele von Funktionsträgern während des Faschismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Karrieren fortsetzten:

Peter von Siemens war Wirtschaftsfunktionär im Faschismus. Der Siemens-Konzern hat 10 000ende von ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge ausgebeutet, Siemens war u.a. vertreten im "Freundeskreis des Reichsführers SS" - In den 80iger Jahren war Peter von Siemens im Siemens Vorstand und im Wirtschaftsbeirat der CSU.

Gisbert Kley war vor 1945 Ministerialrat in den okkupierten Gebieten Osteuropas - in den 80iger Jahren war er im Vorstand von Siemens.

Friedr. A. Flick und O.A. Friedrich sind ehemalige Wehrwirtschaftsführer - in den 80ige Jahren waren sie im Aufsichtsrat von Daimler-Benz.

Wolfgang Pohle, der auf der Kriegsverbrecherliste des amerikanischen Kilgore-Ausschusses stand, war in den 70iger Jahren CSU-Mitglied und beim Flick-Konzern tätig. Außerdem war er Vorsitzender des "Arbeitskreises Rüstungswirtschaft" beim Kriegsministerium und Mitglied im "Verteidigungsausschuß" der Bundesregierung. Als Vorsitzender der "Kommission für Deutsch-Spanische wirtschaftliche Zusammenarbeit" hat er u.a. dafür gesorgt, daß der Flick-Konzern 200 Leopard-Panzer an das faschistische Regime Spanien liefern konnte.


Kieler Persönlichkeiten

Leider haben wir zur personellen Kontinuität in Kieler Rüstungsbetrieben nicht viele Informationen gefunden. Es ist anzunehmen, daß solche Informationen sowohl im Interesse der Firmen, als auch im Interesse der Regierung/Stadtverwaltung einfach verschwanden. Die noch vorhandenen "Entnazifizierungsakten" (ein Teil ist tatsächlich zerstört worden), die vielleicht Aufschluß geben könnten über Personen, die in der Nachkriegszeit noch oder wieder in führenden Positionen waren, sind 60 Jahre lang der Öffentlichkeit nicht zugänglich und damit frühestens im Jahre 2006 einzusehen und auswertbar.
Allerdings wurden in der Britischen Zone bei der Entnazifizierung sowieso bestimmte Bereiche, wie die Wirtschaft komplett ausgespart, so daß nicht sicher ist, ob es dazu überhaupt Akten gegeben hat.
Dennoch haben wir ein paar interessante Informationen gefunden:

H. Walter wurde, wie weiter oben schon erwähnt, einfach von den Briten und Amerikanern für ihre (militärischen) Zwecke übernommen.

Emil Kruska, ein Mitarbeiter Walters, der an der Konstruktion der Rakete mit dem neuen Antrieb beteiligt war, wurde 1957 Hauptgesellschafter der Walter-Werke in Kiel.

Offizier und Ingenieur Gabler, der in der U-Bootentwicklung Walters tätig war, war noch 1986 Leiter des Ingenieurkontors Lübeck, das in den Blaupausenskandal (Pläne für U-Boote für das Apartheids-Südafrika) verwickelt war und heute zu HDW gehört.

Die beiden Gründer der ELAC von 1926, Heinrich Hecht und Gerhard Schmidt wurden 1953 Träger des Bundesverdienstkreuzes und Ehrensenatoren der Kieler Universität. (aus: ELAC: "Portrait eines halben Jahrhunderts Electroacustic 1926-1976")

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