(Gegenwind 184, Januar 2004)

Serie:

KÜSTE - Künstler-Stammtisch für Einwanderer

SIEBEN: Albert Ginsheimer

Albert Ginsheimer

Albert Ginsheimer wurde 1978 geboren - im Sternzeichen der Fische und im Jahr des Pferdes. Darauf führt er es zurück, dass seine Stimmung stark schwankt. Mal ist er, wie er sagt, gleichgültig, dann wieder sehr aktiv oder gar fanatisch.

Er ist in einer großen Stadt in Kasachstan groß geworden. Seine Kindheit hat er als schwer in Erinnerung. Er interessierte sich nicht für die Spiele anderer Kinder, sondern machte sich schon früh Gedanken: „Wozu existiert der Mensch?” So wurde er zum Außenseiter, dazu kam, dass er der deutschen Minderheit angehörte und von anderen Kindern oft abgelehnt wurde.

Schon im Kindergarten hat er gerne gemalt und gezeichnet. Das setzte er in der Schule fort, an die Lehrerinnen erinnert er sich dagegen ungern. Sie waren streng und haben Kinder angeschrien. Im Alter von 12 Jahren entschloss er sich, Künstler zu werden. 1996 schaffte er es, in Kasachstan seine erste Ausstellung zu organisieren. Gemessen an der Zahl der Besucherinnen und Besucher, über 3000 kamen, war es ein großer Erfolg. Bis 2002 folgten noch drei weitere Einzelausstellungen, außerdem war er in sieben Gemeinschaftsausstellungen vertreten.

Allerdings blieb jeder wirtschaftliche Erfolg aus, auch bedingt durch die allgemeine wirtschaftliche Lage in der Nachfolgerepublik der aufgelösten UdSSR. Albert Ginsheimer beschäftigte sich mit Religionsphilosophie und entwarf Mode, seine Chefin blieb aber beim Verkauf der Kollektionen ohne Erfolg, so dass auch von dort kein Geld kam. Eine kurze Tätigkeit als Fernsehjournalist mit schmalem Honorar schloss sich an, bevor er 2001 Steinmetz wurde. Aufträge bestanden unter anderem darin, die Portraits Gestorbener in Grabsteinen zu modellieren - es blieb noch Zeit, einen Computerkurs zu absolvieren und die Kenntnisse von Grafikprogrammen zu perfektionieren.

Bereits 1992 hatte die Familie die Umsiedlung nach Deutschland beantragt. Im Jahre 2002 kam endlich die Genehmigung, seitdem wohnt die Familie nahe Kiel.

Hier ist es Albert Ginsheimer noch nicht gelungen, als Künstler Fuß zu fassen. Ein Problem waren die mangelhaften Sprachkenntnisse, die er aber inzwischen weitgehend vervollkommnet hat. Ein anderes Problem ist sein Verständnis von Kunst. Sich für Kunst bezahlen zu lassen, also Bilder zu verkaufen, kommt ihm unsittlich vor, ist eine Art Prostitution. Kunst ist etwas für den Geist, nicht für das Konto. Insofern sucht er Ausstellungsmöglichkeiten in erste Linie, um andere Menschen an seiner Kunst teilhaben zu lassen.

Reinhard Pohl

Kontakt zum Künstler über die Redaktion.

Seit Anfang 2002 treffen sich auf Einladung des Flüchtlingsbeauftragten des Landes und der AWO-Migrationsberatung (Projekt KISS) regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, die nach Schleswig-Holstein eingewandert sind. Beim Stammtisch KÜSTE (Künstler-Stammtisch für EinwanderInnen) geht es um Fragen wie Künstlerversicherung, Organisation von Ausstellungen oder Informationen über Auftrittsmöglichkeiten.
Im Laufe der Jahre 2003 und 2004 werden wir eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern im Gegenwind vorstellen, vielleicht können wir damit auch Kontakte vermitteln und Auftrittsmöglichkeiten schaffen. KünstlerInnen und Künstler, die Kontakt suchen oder im Rahmen der Serie vorgestellt werden möchten, wenden sich an:

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