(Gegenwind 189, Juni 2004)

Iranische Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Pizzabacken verboten

Babak Pourasad musste 1995 den Iran verlassen. Er wurde von der Polizei verfolgt, weil er gemeinsam mit einem Freund regierungsfeindliche Broschüren und Flugblätter verteilt hatte. Die beiden wohnten in Motelgh (heutiger Name: Salmanshahr) im Norden des Iran. Das Material kopierten sie selber, Mitglied einer politischen Organisation waren sie nicht.

Babak Pourasad demonstriert vor der iranischen Botschaft in Bonn (August 2000)
Babak Pourasad demonstriert vor der iranischen Botschaft in Bonn (August 2000)

Die Geheimpolizei der Regierung kam ihnen aber auf die Spur, die Wohnung der Eltern wurde durchsucht, als Babak gerade zu Besuch bei seiner Schwester in Klardascht war, einer ungefähr 30 Minuten entfernten Stadt. Ein Bekannter half ihm, falsche Papiere für die Flucht zu bekommen, und Fluchthelfer organisierten einen Flug nach Hamburg. In Itzehoe beantragte er Asyl, wurde aber weitergeschickt nach Chemnitz. Dort lebte er zwei Jahre, zunächst in der Erstaufnahmeeinrichtung, später in Flüchtlingsheimen in Zwickau und Aue Schwarzenberg. Er hatte aber sofort beantragt, wieder nach Schleswig-Holstein zurück zu dürfen, weil hier sein Bruder seit 1992 als anerkannter Asylbewerber in Tönning lebte.

1997 wurde der Umverteilungsantrag bewilligt, Babak zog zunächst nach Tönning, später nach Husum. Der Asylantrag war im Sommer 1996 vom Bundesamt abgelehnt worden, dagegen hatte er aber geklagt. Erst 2001 bekam er einen Termin beim Verwaltungsgericht in Chemnitz, aber hier wurde die Ablehnung des Asylantrages bestätigt. Grund dafür war, dass ihm die Verfolgung nicht geglaubt wurde.

Hier in Schleswig-Holstein engagierte er sich aber genauso wie im Iran gegen die Regierung. Er schloss sich der CPI an, der monarchistischen Organisation, die regelmäßig größere Treffen von Aktivisten in Hamburg veranstaltet. Babak Pourasad nahm nicht nur regelmäßig an den Treffen teil, sondern übernahm auch viele Aufgaben, organisierte Demonstrationen und Kundgebungen, außerdem bereitete er Infotische und Verteilaktionen für Flugblätter vor. Er nahm an Demonstrationen in Bonn, Bremen, Hamburg, Berlin, Frankfurt und vielen anderen Orten teil.

Nach der Ablehnung des Asylantrages stellte er zwei weitere Asylanträge. Da das Gericht nicht geglaubt hatte, dass er wegen seiner Aktivitäten im Iran verfolgt wurde, wollte er jedenfalls Abschiebeschutz erreichen - denn seine politischen Aktivitäten hier, die auch häufig von Botschaftsangehörigen des Iran dokumentiert worden waren, würden ihn bei einer Rückkehr gefährden. Aber auch hier hatten Bundesamt und Gerichte eine andere Auffassung, so schlimm würde es schon nicht werden, vermuteten sie und lehnten einen Abschiebeschutz ab. Über einen neuen Asylantrag wurde bisher nicht entschieden.

Dem hat die Ausländerbehörde zu folgen. So wurde Babak Pourasad im September 2002 aufgefordert, zur iranischen Botschaft zu fahren und Ausweispapiere zu beantragen. Die Formulare dafür bekam er gleich von der Ausländerbehörde Husum. Doch seine Angst war viel zu groß, für ihn kommt ein Besuch der Botschaft überhaupt nicht in Frage. So verlor er Mitte September seine Arbeit, weil die Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis entziehen ließ. Bis dahin hatte er als Pizzabäcker ungefähr 650 Euro im Monat verdient, jetzt wurde er ein Fall für die Sozialhilfe. Auch diese wurde Anfang des Jahres auf 75 Prozent der Bezüge eines Asylbewerbers gekürzt, nach Abzug von Miete und Heizung hat er so weniger als 140 Euro zum Leben.

Fragt sich nur, warum die Ausländerbehörde ihn zwingen will, die Botschaft aufzusuchen, wenn sie doch nach eigener Aussage weiß, dass es dort keine Ausweispapiere gibt.

Reinhard Pohl

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