(Gegenwind 193, Oktober 2004)

Volksabstimmung oder Entscheidung der Regierungen?

Eine Verfassung für Europa

Im Sommer 2003 wurde der Entwurf der "Verfassung für Europa" vom Europäischen Konvent verabschiedet und der Europäischen Kommission übergeben. Anschließend wollten die 15 Mitgliedsstaaten sie unterschreiben. Das Verfahren scheiterte im Dezember 2003, insbesondere weil die Bedingungen für Mehrheitsentscheidungen unklar waren. Im Sommer 2004 erreichten die inzwischen 25 Mitgliedsstaaten eine Einigung. Mehrheitsentscheidungen benötigen jetzt eine Mehrheit von 55 Prozent der Staaten (also im Moment 14 von 25). Diese 14 Staaten müssen aber mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der EU repräsentieren, also rund 293 Millionen Einwohner.

Die Verfassung hat vier Teile mit 466 Artikeln:

Als Organe der Europäischen Union werden definiert:

Aufgaben der EU

In den Verträgen und jetzt auch in der Verfassung wird zwischen Aufgaben unterschieden, für die die EU die alleinige Zuständigkeit hat, und solchen, bei denen sich die einzelnen Staaten und die EU die Zuständigkeit teilen. Der Trend geht dahin, immer mehr Aufgaben auf die EU zu übertragen.

Alleinige Zuständigkeit der EU:

Geteilte Zuständigkeit (EU und Einzelstaaten):

Demokratie

Der Europäische Konvent wurde im Dezember 2001 von den Staats- und Regierungschefs berufen. Er bestand aus 16 Vertretern des Europäischen Parlaments, zwei Mitgliedern der Europäischen Kommission und je drei Vertretern (1 von der Regierung, 2 vom Parlament) der 15 Mitgliedsstaaten, 10 Beitrittsstaaten sowie aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei.

Es handelte sich also um ein Gremien, dessen Mitglieder zwar irgendwann gewählt worden waren, aber für einen anderen Zweck.

Dieser Konvent formulierte unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Präsidenten Valérie Giscard d'Estaing innerhalb von 18 Monaten den vorliegenden Entwurf der Verfassung.

Im Teil I geht es um die Grundsätze der Union. Die Demokratie wird so definiert:

Artikel I-44 Grundsatz der demokratischen Gleichheit. Die Union achtet in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Die Bürgerinnen und Bürger genießen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe der Union.

Was bedeutet "Grundsatz"? Was bedeutet "Aufmerksamkeit"?

Artikel I-45 Grundsatz der repräsentativen Demokratie.
(1) Die Arbeitsweise der Union beruht auf dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie.
(2) Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament vertreten. Die Mitgliedsstaaten werden im Europäischen Rat und im Ministerrat von ihren jeweiligen Regierungen vertreten, die ihrerseits den von den Bürgerinnen und Bürgern gewählten nationalen Parlamenten Rechenschaft ablegen müssen.
(3) Alle Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen.

Was heißt "beruht auf dem Grundsatz"? Was heißt "unmittelbar vertreten"?

Artikel I-46: Grundsatz der partizipativen Demokratie.
(1) Die Organe der Union geben den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden in geeigneter Weise die Möglichkeit, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.
(2) Die Organe der Union pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft.
(3) Um die Kohärenz und Transparenz des Handelns der Union zu gewährleisten, führt die Kommission umfangreiche Anhörungen der Betroffenen durch.
(4) Mindestens eine Million Bürgerinnen und Bürger aus einer erheblichen Zahl von Mitgliedstaaten können die Kommission auffordern, geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bestimmungen über die besonderen Verfahren und Bedingungen, die für eine solche Bürgerinitiative gelten, werden durch ein Europäisches Gesetz festgelegt.

Menschenrechte

Artikel I-4 Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung.
(1) Der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit werden innerhalb der Union und von der Union gemäß der Verfassung gewährleistet.
(2) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Dieser Artikel findet sich im Teil I und steht damit vor der "Charta der Grundrechte". Die Rechte von Personen sind hier gleichwertig zu den Rechten von Waren, Dienstleistungen und Kapital dargestellt.

Direkt davor heißt es:

Artikel I-3 Die Ziele der Union.
(...)
(2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb.

Für wen gilt das?

Artikel I-8: Die Unionsbürgerschaft.
(1) Unionsbürgerin oder Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft tritt zur nationalen hinzu, ohne diese zu ersetzen.
(2) (...) in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben,(haben die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, d.Verf.) das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen.

Es gibt also keine Staatsbürgerschaft der Union.

Artikel II-15 Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten.
(...)
(2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen.
(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten arbeiten dürfen, haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger entsprechen.

Hier wird im dritten Absatz die Ungleichheit der Rechte festgeschrieben.

Ein eigenes Asylrecht gibt es nicht, nur einen Verweis auf die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951:

Artikel II-18 Asylrecht.
Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß der Verfassung gewährleistet.

Artikel II-19: Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung.
(1) Kollektivausweisungen sind unzulässig.
(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Das Genfer Abkommen regelt die Behandlung anerkannter Flüchtlinge. Das Abschiebeverbot wird eingeschränkt durch das Wort "ernsthaft", das jedem Staat große Möglichkeiten für Interpretationen überlässt.

Und dann gibt es eine Generalklausel zum Schluss. Für alle Menschenrechte gilt:

Artikel II-52 Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze. (...)
(5) Die Bestimmungen dieser Charta, in denen Grundsätze festgelegt sind, können durch Akte der Gesetzgebung und der Ausführung der Organe und Einrichtungen der Union sowie durch Akte der Mitgliedstaaten zur Durchführung des Rechts der Union in Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten umgesetzt werden. Sie können vor Gericht nur bei der Auslegung dieser Akte und bei Entscheidungen über deren Rechtmäßigkeit herangezogen werden.
(6) Den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ist, wie es in dieser Charta bestimmt ist, in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

Das bedeutet, dass bei den Grundrechten und den Menschenrechten die Gesetze der einzelnen Staaten Vorrang haben, niemand kann sich also auf die "Verfassung für Europa" berufen.

Außen- und Militärpolitik

Artikel I-39 Besondere Bestimmungen für die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. (...)
(2) Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele ihrer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik fest. (...)
(3) Der Europäische Rat und der Ministerrat erlassen die erforderlichen Europäischen Beschlüsse. (...)
(6) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelmäßig gehört und über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.
(7) Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erlassen der Europäische Rat und der Ministerrat außer in den in Teil III vorgesehenen Fällen Europäische Beschlüsse einstimmig. Sie beschließen auf Vorschlag eines Mitgliedstaates, des Außenministers der Union oder des Außenministers mit Unterstützung der Kommission. Europäische Gesetze und Rahmengesetze sind ausgeschlossen.
(8) Der Europäische Rat kann einstimmig beschließen, dass der Ministerrat in anderen als den in Teil III genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt.

Der gesamte Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik wird dem Parlament entzogen, das nur noch "auf dem Laufenden" gehalten wird. Alle Beschlüsse sollen einstimmig gefällt werden, wobei der Rat Ausnahmen beschließen kann.

Artikel 1-40: Besondere Bestimmungen für die Durchführung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. (...)
(4) Europäische Beschlüsse zur Durchführung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einschließlich der Beschlüsse über die Einleitung einer Mission ..., werden vom Ministerrat einstimmig auf Vorschlag des Außenministers der Union oder eines Mitgliedstaates erlassen. Der Außenminister der Union kann gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vorschlagen. (...)
(6) Die Mitgliedstaaten, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen und die im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander festere Verpflichtungen eingegangen sind, begründen eine strukturierte Zusammenarbeit im Rahmen der Union. Diese Zusammenarbeit erfolgt nach Maßgabe von Artikel III-213. (...)
(8) Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik regelmäßig gehört und über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

Wichtig ist: Der Begriff "Mission" meint immer einen Angriffskrieg außerhalb der Union, also eine militärische Intervention in Mazedonien, Irak oder Afghanistan. Eine solche Mission wird einstimmig beschlossen, es können aber auch mehrere Einzelstaaten innerhalb der Union "Missionen" planen und durchführen. Dann nehmen nur diese Ratsmitglieder an der Abstimmung teil.

Im gleichen Artikel, im Absatz 3, heißt es darüber hinaus:

(Artikel 40, Absatz 3) ... Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird ein Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten eingerichtet, dessen Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern...

Das bedeutet, das nicht nur das Europäische Parlament entmachtet wird - auch den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten wird vorgeschrieben, dass sie die Aufrüstung vorantreiben müssen.

Direkt zu den demokratischen Rechten des Parlaments heißt es:

Artikel III-205.
(1) Der Außenminister der Union hört das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, und achtet darauf, dass die Auffassungen des Europäischen Parlaments gebührend berücksichtigt werden. Das Europäische Parlament wird vom Außenminister der Union regelmäßig über die Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, unterrichtet. Die Sonderbeauftragten können zur Unterrichtung des Europäischen Parlaments herangezogen werden.
(2) Das Europäische Parlament kann Anfragen oder Empfehlungen an den Ministerrat und den Außenminister der Union richten. Zweimal jährlich führt es eine Aussprache über die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Der Außenminister der EU wird vom Europäischen Rat ernannt und gehört dann der Kommission an. Er soll also - als nicht gewählter Politiker - dafür sorgen, dass "Auffassungen" des Parlaments berücksichtigt werden. Das Parlament darf fragen, empfehlen und "eine Aussprache führen".

Innen- und Justizpolitik

Artikel I-41 Besondere Bestimmungen zur Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. (1) Die Union bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Im Gegensatz zum Bereich der Militärpolitik werden hier Gesetze und Rahmengesetze angekündigt, es wird also nicht nur mit "Beschlüssen" gearbeitet. Die Förderung des Vertrauens soll aber nur den "Behörden untereinander" dienen.

Es soll einen Ausschuss für operative Zusammenarbeit geben:

Artikel III-162. Im Ministerrat wird ein ständiger Ausschuss eingesetzt, um sicherzustellen, dass innerhalb der Union die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Er fördert ... die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Vertreter der betroffenen Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union können an den Beratungen des Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten werden über die Beratungen auf dem Laufenden gehalten.

Artikel III-164. Der Ministerrat erlässt Europäische Verordnungen, um die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten in den Bereichen dieses Kapitels (Innen- und Justizpolitik) sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen Stellen und der Kommission zu gewährleisten. Dabei beschließt er auf Vorschlag der Kommission ... und nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Besondere Vorschriften gibt es in der Asylpolitik, wenn plötzlich sehr viele Flüchtlinge kommen:

Artikel III-167. (..) (3) Befinden sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Staatsangehörigen dritter Länder in einer Notlage, so kann der Ministerrat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, die vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten vorsehen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Die "Maßnahmen" sollen den Mitgliedsstaaten nützen, nicht den Flüchtlingen.

Die Zusammenarbeit der Polizei wird besonders geregelt:

Artikel III-176. (...) (3) Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Ministerrates können Maßnahmen festgelegt werden, die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel genannten Behörden (Polizei- und Zollbehörden etc) betreffen. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Artikel III-178. Ein Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Ministerrates legt fest, unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Grenzen die ... zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten (Polizei-, Zoll- und Strafverfolgungsbehörden) im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates ... tätig werden dürfen. Der Ministerrat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Ähnlich wird die Zusammenarbeit der Grenzschutz-Behörden geregelt. Das Parlament ist wieder nur am Range beteiligt, es wird angehört (vorher), meistens aber nur "auf dem Laufenden gehalten" (hinterher).

Entsprechend ist die Wahlbeteiligung innerhalb der EU-Bürgerinnen und -Bürger von Wahl zu Wahl gesunken (siehe Grafik auf der vorigen Seite).

Volksabstimmung über die EU-Verfassung?

In Deutschland sind Volksabstimmungen nicht vorgesehen, es gibt sie nur auf kommunaler- oder Länderebene. Andererseits würde es die Legitimität einer Verfassung erhöhen, wenn darüber allgemein abgestimmt würde.

Das Problem ist: Bei Abstimmungen über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments herrscht die Meinung vor, die Wahl der Abgeordneten wäre wegen ihrer Einflusslosigkeit sowieso egal. Deshalb werden Europawahlen von der Hälfte der WählerInnen ignoriert, die andere Hälfte versteht sie als Stimmungs-Umfragen und verteilt Denkzettel. Wenn über die Verfassung länderweise abgestimmt würde, würde in jedem einzelnen Mitgliedsstaat die aktuelle Popularität der Regierung über das Abstimmungsergebnis entscheiden, der Wortlaut der Verfassung würde für die WählerInnen keine Rolle spielen.

Demokratisch wäre deshalb nur eine Volksabstimmung, in der jede/r EU-BürgerIn eine Stimme hat und bei der die Stimmen nicht getrennt nach Staaten gezählt werden. So mutig sind die PolitikerInnen aber nicht, die diese Verfassung einführen möchten.

In Deutschland treten die Grünen und die FDP für eine Volksabstimmung ein, die eine Grundgesetzänderung voraussetzen würde. SPD und CDU/CSU lehnten sie bisher ab. In der SPD wird allerdings über diese Ablehnung durch die Parteispitze heftig diskutiert.

In ungefähr der Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten werden 2005 Volksabstimmungen über die Verfassung stattfinden, die übrigen Mitgliedsstaaten wollen die Verfassung durch einen Parlamentsbeschluss ratifizieren lassen.

Reinhard Pohl

Zur Startseite Hinweise zu Haftung, Urheberrecht und Datenschutz Kontakt/Impressum