(Gegenwind 247, April 2009)

Demo gegen Kohlekraftwerke in Brunsbüttel

Breite Ablehnung

schon probiert?

Zahlreiche Jugendliche fühlen sich bedroht und betroffen - und demonstrieren

Mitte Februar fand nun eine Demonstration in der Schleusenstadt Brunsbüttel statt, zu der die Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe und zahlreiche Institutionen aufgerufen hatten.

Auffallend war insbesondere der Protest der Bauern, die mit ihren Treckern zur Demonstration gekommen waren. Über 50 Trecker zählten zum Demonstrationszug, der sich durch Brunsbüttels Koogstraße bewegte. Eine Gruppe von rund 40 Landwirten hatte ihren Demonstrationszug schon in der Wilstermarsch begonnen und war im geschlossenen Zug nach Brunsbüttel gefahren. "Ein Trecker-Demonstrationszug über die Hochbrücke der B5, das fällt schon auf." Mit Tafeln dekoriert waren die Trecker "Euch das Geld - uns Krankheit und Dreck?" oder "Kohlekraft vernichtet uns!" war dort unübersehbar zu lesen. Mit dem Demonstrationszug der Trecker durch die Innenstadt gaben sie den Brunsbüttelern zugleich einen kleinen Vorgeschmack, was auf die Stadt, besonders auf Brunsbüttel-Süd, zukommt: eine Vielzahl von LKW, die täglich die Kraftwerke anfahren werden, Lärm und Gestank nicht nur der Kraftwerke, sondern auch massiv durch den gesteigerten Verkehr.

Zahlreiche Redner forderten die Demonstranten auf, ihre Proteste konsequent weiterzuführen, sich gegen den Bau der Kraftwerke zu wehren und sich weder die globale Klimazerstörung durch diese Anlagen, noch die massive Schädigung des eigenen Lebensraumes bieten zu lassen.

Viele Hundert Demonstranten lehnen Kohlekraftwerke in Brunsbüttel ab

Viele Hundert Demonstranten lehnen
Kohlekraftwerke in Brunsbüttel ab

Thomas Göttsche, junger Landwirt aus St. Margarethen und selbst direkt vom "Fallout" der Kohleschlote betroffen, sprach für die Landwirte: "Wir Landwirte haben große Sorge, dass in den Jahrzehnten des Kraftwerksbetriebes unsere wertvollen Böden durch viele Tonnen von Feinstaub und zahlreiche Schwermetalle und Giftstoffe belastet und unbrauchbar gemacht werden. Eines Tages werden wir auf unseren dann belasteten Erzeugnissen, besonders auf der Milch, unserer Lebensgrundlage, sitzen bleiben." Er appellierte an die verantwortlichen Politiker: "Nehmen Sie Abstand von den Kraftwerksplänen!" Ein Transparent "Generationsgerechtigkeit - Kein Kohlekraftwerk!" machte deutlich, wo zukünftige Hofnachfolger, die heute noch in Kinderschuhen stecken, betroffen sein werden und den Betrieb der Eltern womöglich nicht werden weiterführen können.

Rund 700 Demonstranten hörten Bärbel Höhn, Vize-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, die das unverantwortliche Festhalten an der veralteten Dinosauriertechnologie der Kohlekraftwerke verurteilte. "Einerseits schmückt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in Heiligendamm mit hohen Zielen für den Klimaschutz, andererseits sollen massiv klimaschädliche Kohlekraftwerke gebaut werden und für die nächsten 40 bis 50 Jahre das reine Gegenteil bewirken." Miserabler Wirkungsgrad, keinerlei Wärmenutzung und somit Vernichtung von mehr als der Hälfte der Energie - energiepolitisch eine unverantwortliche Haltung der Regierenden. Höhns Landeskollegin Marlies Fritzen zielte auf Wirtschaftsminister Marnette: "Der Wirtschaftsminister macht ausländische Konzerne reich, Klima und Menschen der Region sind die Geschädigten."

Zahlreiche Institutionen von BUND bis Klima Allianz trugen den Protest mit, auch der kirchliche Klima-Beauftragte, Jan Christensen, sprach von der Verantwortung über die Region hinaus, über den Augenblick hinaus.

Protestbeteiligung der betroffenen Landwirte - Sie fürchten um ihre Existenz

Protestbeteiligung der betroffenen Landwirte
- Sie fürchten um ihre Existenz

"Die geplanten Kohlekraftwerke am Standort Brunsbüttel verschärfen in unverantwortlicher Weise den Klimawandel", sagte Hans-Jörg Lüth vom BUND Schleswig-Holstein.

"Die angestrebte Energiewende ist mit fossilen Kohlekraftwerken nicht zu schaffen, die machen nur ihre Betreiber reich! Es geht nicht um Energielücken, sondern um Profitmaximierung für die Betreiber - zu unseren Lasten!", war eine vielfach zu hörende Haltung der Demonstranten.

"Dies ist ein Anfang, wir werden weitermachen und die Genehmigungsverfahren genauestens beobachten, Einfluß nehmen und unsere Schutzrechte einfordern!", resümierte Dr. Karsten Hinrichsen, einer der Organisatoren der Veranstaltung. "Wir hoffen, dass in der Ratsversammlung der Stadt ein Umdenken einsetzt und der Bebauungsplan für das Electrabel-Kraftwerk nicht beschlossen wird."

Zwei Tage nach der Demo, am Ende der Einspruchfrist, übergab die Bürgerinitiative in Itzehoe und Heide bei den Genehmigungsbehörden weitere rund 3500 Einwendungen und Unterschriften zu Sammeleinwendungen gegen die beantragten Verfahren für das Kohlekraftwerk der Electrabel. In den Verfahren nach Wasserrecht (Heide) und Bundesimmissionsschutzgesetz (Itzehoe) sind damit insgesamt rund 4.500 Einwendungen gemacht worden, die in den Genehmigungsverfahren alle berücksichtigt und erörtert werden müssen.

Carsten Döhler

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