(Gegenwind 266, November 2010)


Eine deutsch-ghanaische Zusammenarbeit:

Verantwortung übernehmen und Verantwortung abgeben

Es begann mit einer Begegnung mit dem Ghanaer Daniel Kono (22). In der Auseinandersetzung mit ihm kristallisierte sich bei Christiane Strecker eine Idee heraus, für die sie hier eine Gruppe gleichgesinnter Menschen gewinnen konnte. 2009 mündete die konzeptionelle Phase mit der Vereinsgründung von "Gyeyen - Save us e.V." in der operativen Arbeit, der Entwicklung von Arbeitsprojekten für junge Menschen in Ghana.

Offen zu bleiben für die Standpunkte des Gegenübers lautet das Credo und die Basis der Vereinszusammenarbeit zwischen Christiane Strecker und Daniel Kono. "Die Erwartungen und Sichtweisen bringt man nie auf einen Punkt, dazu ist der kulturelle Unterschied und wohl auch der Altersabstand zu groß", fasst Christiane Strecker ihre Erfahrungen zusammen. Mit der grundlegenden Überzeugung und der Motivation, nur in gleichberechtigter Kooperation die Projektidee verwirklichen zu können, erntete die deutsch-ghanaische Zusammenarbeit einen ersten Erfolg. Am 7. Juli eröffnete der Verein in Adukrom, einer Kleinstadt nördlich von Tema, ein Internetcafé. Damit konnte das binationale Arbeitsteam die jeder Seite wichtigsten Ziele verwirklichen: 1. Es wird Geld eingenommen, indem Kunden an bisher neun Computerarbeitsplätzen für die Nutzung des Internets bezahlen. Von dem Geld ist ein Arbeitsplatz für Daniel Kono entstanden sowie für weitere Aushilfskräfte. 2. Dem eigenen Auftrag nach Weiterbildung junger GhanaerInnen kommt der Verein über das Angebot von Internetschulungen in den eigenen Geschäftsräumen in Adukrom nach. "Daniel wollte eigentlich kein Internetcafé betreiben, sondern ein Reisebüro gründen", erzählt Christiane Strecker. Eine Homepage für das Unternehmen wurde entwickelt; den Bus für den Reisedienst kaufte sie mit privaten Mitteln. Nach einem Unfall floss viel Geld in die Reparaturen und die erste Geschäftsidee war daher zu dem Zeitpunkt nicht finanzierbar. "Ich musste viel lernen, ich habe am Anfang zu viel gemacht und Daniel zu viel Verantwortung abgenommen", erinnert sich die 47-Jährige. Die Homepage der Reiseagentur (www.dreamtourgh.com) existiert weiterhin, doch nun gilt es für Daniel Kono, mit dem Internetcafé fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu erwerben. "Es ist hart für Daniel, nach dem ersten Misserfolg muss er sich beweisen. Er hat derzeit nicht genug Geld und lebt im Shop ohne Wasser und Toilette."

Seine erste Bewährungsprobe beim Bau des Geschäftshauses Anfang des Jahres in Tema meisterte Daniel Kono. "Er musste sich durchsetzen bei Preisverhandlungen und ständig vor Ort präsent sein: Er hat gezeigt, dass er Verantwortung trägt."

Nicht nur gegenüber den deutschen Vereinsmitgliedern muss der junge Ghanaer seine Geschäftstüchtigkeit zeigen. "Die Zusammenarbeit mit dem deutschen Verein hat sein Leben in Ghana kompliziert, weil es ihn auf eine andere gesellschaftliche Stufe gestellt hat." Begegneten die Älteren dem 22-Jährigen wegen seines Kontaktes mit "der Deutschen" und seinem daher vermuteten Wohlstand mit Respekt, zöge er ebenso aus finanziellen Gründen das Interesse der ghanaischen Frauen auf sich. "Ein eigenes Häuschen mit Fernseher und Musikanlage und ein Auto, das ist der Traum der jungen Menschen. Doch, vor dem Hintergrund des täglichen Kampfes ums Überleben und dem Fehlen jeden Sozialschutzes, ist der größte Wunsch, sicher zu sein - 'to be safe', wie Danny sagt." Auch gegenüber der eigenen Familie muss er sich nun gegen vielerlei Ansinnen zur Wehr setzen. "Die Rechnung für den Krankenhausaufenthalt des Vaters musste Daniel, der acht Geschwister hat, trotz eigener finanzieller Probleme alleine bezahlen."

Doch zwischen Anerkennung und Bewunderung auf der einen Seite und Skepsis und Unverständnis auf der anderen Seite bewegen sich ebenfalls hier die Reaktionen der Mitmenschen gegenüber Christiane Streckers ehrenamtlichem Engagement. "Ich habe über die ersten Misserfolge auch außerhalb des Vereins immer offen geredet und mir den Rat meiner Freunde und Familie eingeholt." Durch ihre Offenheit und Zielstrebigkeit gewann die Vereinsvorsitzende schließlich auch bei konträren Standpunkten gegenüber einzelnen Vereinstätigkeiten das Verständnis bei Freunden und Familie für ihre Partnerschaftsarbeit.

Zum interkulturellen Verständnis bei der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Daniel Kono leisteten ghanaische Freunde, die seit langer Zeit in Deutschland leben, Christiane Strecker unschätzbare Dienste. "Durch sie habe ich viele der Konfliktpunkte erst mit anderen Augen sehen und verstehen gelernt." Auch habe sich inzwischen ein reger Kommunikationsfluss zwischen Kiel und Adukrom entwickelt. "Heute ruft mich Daniel an, um mir von Problemen im Internetcafé zu berichten. Außerdem chatten wir viel und oft über die aktuellen Entwicklungen."

Dieser Zustand wird sich wohl auch in den kommenden Monaten nicht ändern, denn weitere Pläne zur Fortführung ihrer Ziele, der Entwicklung von Berufsperspektiven mit und für ghanaische Jugendliche, haben die Vereinsmitglieder genügend.

Nicole Gifhorn
Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein / BEI

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