(Gegenwind 168, September 2002)

Lokale Agenda 21 in Schleswig-Holstein

"Mangel an verbindlichen Ergebnissen"

Zu einer ernüchternden Bilanz nach der Euphorie der Agenda-21-Beschlüsse der letzten Jahre kommt eine Untersuchung des schleswig-holsteinischen Agenda-21-Büros. Ende 2001 machte Axel Hilker im Auftrag des Büros, das in der Akademie für Natur und Umwelt in Neumünster angesiedelt ist, eine Umfrage unter Kreisen und Gemeinden in Schleswig-Holstein.

Über 100 kommunale Gremien haben inzwischen Beschlüsse zur Umsetzung einer lokalen Agenda 21 gefasst. Dabei handelt es sich um 9 der 11 Landkreise (es fehlen, nicht eben überraschend, das Herzogtum Lauenburg und Nordfriesland), alle vier kreisfreien Städte, 18 von 57 kreisangehörigen Städten und 19 von 183 Ämtern und Gemeinden. Dabei stieg die Zahl der neuen Beschlüsse von 1995 (1) und 1996 (1) über 1997 (4) auf 11 Beschlüsse 1998, 10 weitere 1999 und wieder 11 im Jahre 2000 an. Danach brach die Euphorie, 2001 kamen nur 5 Beschlüsse hinzu, vier waren Anfang 2002 "in Vorbereitung". Gleichzeitig hatten über 40 Prozent der Gemeinden beschlossen, dass es bei ihnen keine Umsetzung der Agenda 21 geben sollte.

Axel Hilker fragte alle Beteiligten daraufhin ab, in welcher Phase der Prozess denn sei. Dabei wurden die Phasen "Prozess einleiten", "Prozess organisieren", "Grundlagen und Bürgerbeteiligung" sowie "Verabschiedung und Umsetzung" vorgegeben. Nur ein Kreis und zwei Städte gaben an, bei ihnen gäbe es eine Umsetzung und Ergebnisse, keine Gemeinde wollte sich so weit vorwagen. Nur 15 Mal gab es bereits ein "Agenda-21-Forum" bzw. einen Beirat, der als Koordinationsgremium eine Umsetzung überwachsen und begleiten sollte. Bei den Themen, die man sich vorgenommen hatte, stand und steht einheitlich "Energie/Klima" vorne, bei den Städten folgt "Stadtmarketing" auf dem zweiten Platz, bei den Landkreises ist es "Prozessorganisation", bei den Gemeinden "Mobilität".

Die Beteiligung der Bevölkerung wurde nur von 41 Befragten als Teil des Prozesses genannt, es gab 26 "Bürgerversammlungen" in den Städten, 12 in Gemeinden und 16 von den Kreisen organisierte.

Der Autor fasst zusammen: Es scheint ein gewisser Sättigungsgrad bei den kommunalen Beschlüssen erreicht worden zu sein, die erste Kreisfreie Stadt (Lübeck) erwägt sogar schon den Ausstieg aus der Lokalen Agenda 21. Und: Längst nicht alle Kommunen haben den Beschlüssen auch Taten folgen lassen, in der Hälfte der Kommunen scheint der Beschluss, teils seit Jahren, vor sich hin zu schlummern.

Allerdings sollte man derartige Beschlüsse auch nicht überschätzen.

Am 19. Februar 2002 fand ein Workshop von Kommunen zur Bilanz 10 Jahre nach Rio in Neumünster statt. Unter dem Titel "Zukunftsgestaltung als Teil eines modernen Kommunalmarketings" zog der stellvertretende Geschäftsführer des Städteverbandes Schleswig-Holstein, Kurt Rohde, Bilanz.

Danach gibt es in 12 Prozent der bundesweit 14.227 kommunalen Gebietskörperschaften einen Beschluss zur lokalen Agenda 21. In Schleswig-Holstein werde dieser Durchschnitt gewaltig unterboten, hier gebe es nur in 3 Prozent der Gebietskörperschaften einen solchen. Auch Kurt Rohde vertrat die These, dass weitere Ratsbeschlüsse auf sich warten lassen und den bestehenden Aktivitäten die Kontinuität fehle. Das persönliche und freiwillige Engagement lasse nach, und es fehle am Verständnis, was die Agenda 21 charakterisiere und wem sie nütze. Das liege einerseits an allseits knappen Kassen, es gebe kaum Zuschüsse für Projekte. Allerdings vertrat er auch die Meinung, weit mehr als die Hälfte der Städte Schleswig-Holsteins würden Aktivitäten im Sinne einer lokalen Agenda 21 entfalten, vielfach ohne entsprechenden Grundsatzbeschluss.

Kurt Rohde plädierte dafür, das vielerorts inzwischen eingeführte "Stadtmarketing" mit einem lokalen Agenda-21-Prozess zu verknüpfen. Und das sollte dann zur "Chefsache" werden.

Reinhard Pohl

Quellen: Beide Manuskripte sind beim Gegenwind in Kopie erhältlich.
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